Wir haben schon davon gesprochen, dass es schwierig ist, Guppys aus bepflanzten Becken heraus zu fangen. Zuchttiere unter Beachtung aller Selektionsmerkmale aus solchen Becken heraus zu fangen, ja überhaupt zu entdecken, dürfte mit etlichen Risiken verbunden sein. Die Gefahr ist groß, dass die besten Tiere über sehen werden.
Die Becken, in denen wir unsere Guppys aufgezogen haben, müssen übersichtlich sein. Wie können wir sonst während des Wachstums unsere Tiere beobachten und alles entfernen, was für die Zucht oder für Ausstellungen nicht geeignet ist. Pflanzschalen, die man herausnehmen kann oder schnell zu entfernendes Javamoos sollten in den Becken reichen.
Aus unserem übersichtlichen Becken fangen wir die Tiere her aus, die wir bei einer ersten Prüfung als geeignet angesehen haben. Diese Tiere setzen wir in kleine 1-21-Becken und untersuchen sie dort bei guten Lichtverhältnissen auf ihre endgültige Zuchttauglichkeit.
Bei unseren wochenlangen Beobachtungen unserer Guppys sind uns bereits einige Männchen aufgefallen, die wir für geeignet halten. Wenn sie die genaue Prüfung überstehen, können wir sie nehmen, sonst weitersuchen. Bei dieser endgültigen Auswahl müssen wir uns Zeit nehmen. Das strenge Selektionsschema, nachdem wir die Männchen aussuchen, wenden wir auch bei den Weibchen an. Das dauert länger, weil wir mehr Weibchen brauchen.
Auch wenn es immer noch Züchter gibt, die nur das Männchen sehen und die Weibchen nur zum Jungekriegen brauchen: Das Weibchen ist genau so wichtig wie das Männchen, denn es bringt 50 % der Erbmasse. Betrachten Sie bei Ihrer Zucht das Weibchen genau so gleichwertig wie das Männchen. Dass das Weibchen nicht so farbenprächtig ist wie das Männchen, besagt überhaupt nichts. Auch unscheinbare Weibchen können herrliche Farben an ihre Söhne vererben, wie wir aber wissen, zeigt sich die Farbe aber nur bei Männchen. Wir sprechen hier von geschlechtsbegrenzter Vererbung. Ich hoffe, ich habe eindringlich genug die Notwendigkeit einer peniblen Zuchtauswahl bei Ihrer Guppy-Zucht als Grundstein für Ihren Erfolg geschildert.
Dass kompromisslose Selektion zum Erfolg führt, beweisen nicht nur die erfolgreichen Guppy-Züchter. Es gilt für alle Tierarten. Ich möchte als Beispiel hier einmal das Paradebeispiel erfolgreicher Tierzucht anführen: Die Haflingerzucht in Tirol seit dem 2. Weltkrieg. Um gleich Missverständnissen vorzubeugen: Man kann Pferdezucht nicht mit Guppy-Zucht vergleichen. Ich möchte an diesem Beispiel auch nur aufzeigen, was harte Selektion ausmacht. Die Tiroler Haflinger-Züchter haben es geschafft, aus einer kleinen Population von wenigen tausend in einer Zeit, in der überall in der Welt die Pferdezahlen drastisch zurückgingen, den Haflingerbestand auf eine sechsstellige Zahl in über 3o Ländern der Erde zu steigern. Dabei ist der Haflinger leistungsstark im Flachland wie im Gebirge, z.B. in den Alpen, wo er herkommt, und Himalaja, genauso in der Wüste wie in den Tropen. Das war nur möglich, weil der Verband seit 1945 rigoros laufend die Zuchtbestimmungen verschärfte, die für die Züchter große Opfer bedeuteten. So wurden im Laufe der Jahre 1/3 aller Stutenfamilien selbst wegen geringster Mängel aus der Zucht genommen. Den Züchtern wurde verboten, mit diesen Tieren weiterzuzüchten, für die Züchter ein harter Schlag, denn bei der Pferdezucht geht es um viel Geld. Aber der Gesetzgeber ist dort auf Seiten des Verbandes und kann das erzwingen. Aber der Erfolg zeigt, dass dieser Weg richtig war und ist.
Wir sind jedoch Hobby-Züchter. So rigoros können und wollen wir es den Züchtern nicht vorschreiben. Aber wir Guppy-Züchter müssen aus Einsicht das freiwillig tun, wozu andere gezwungen werden, um zum Erfolg zu kommen. Ich reite ständig auf diesem Thema herum, weil ich weis, dass viele Guppy-Züchter ihre Zuchttiere nicht sorgfältig genug aussuchen.
Machen Sie diesen Fehler nicht! Auch wenn es Zeit kostet, diese Zeit zahlt sich vielfach aus Vielfach!!