Heute ruht das Wohnzimmer-Aquarium der Lindenbergs

 HANNOVER                                                                                                                                  auf einem eigens angefertigten Unterschrank

 

Bücherregal oder Aquarienschrank?

 

Günter Lindenberg ist seit über 60 Jahren Aquarianer, seit gut 40 Jahren Mitglied in seinem Verein und seit 13 Jahren dessen erster Vorsitzender. | VON RAINER STAWIKOWSKI

 

Es

 

gibt Aquarien, deren Geschichte fast noch interessanter ist als ihr tierischer Besatz, das trifft

 

auch auf unseren aktuellen Blickfang zu. Als sein Besitzer 1993 in das Haus seiner Ehefrau Gisela zog, erblickte er draußen, auf der Wiese im Garten, ein leeres Aquarium. Giselas Sohn Andreas hatte das 120 x 60 x 50 Zentimeter große Becken kurz zuvor stillgelegt. Diesen Anblick konnte Günter Lindenberg – seit seiner Kindheit leidenschaftlicher Aquarianer – nicht ertragen; das völlig intakte Bassin musste auf jeden Fall wieder in Betrieb genommen werden!

 

Die an Bächen, Tümpeln und Teichen reiche Natur der näheren Umgebung forderte den Knaben dazu heraus, Bekanntschaft mit den unterschiedlichsten aquatischen Organismen zu machen. Die Bewohner seines ersten Aquariums – in der Wohnung seiner Großmutter – waren allerdings tropische Süßwasserfische, unter anderem Neonsalmler, die er bei einem Händler in Hannover-Linden entdeckt und die ihn sogleich begeistert hatten. Mehrere Jahre blieb der Jüngling bei der Sache, bis ihn ein paar andere Dinge von der Fischliebhaberei ablenkten: die Lehre, ein Moped und Mädchen, die sich – wie allerdings auch er selbst – mehr für die Musik der Beatles und der Rolling Stones erwärmen konnten als für Paracheirodon & Co.

Die aquaristische Pause währte aber gar nicht so lang. Als Günter Ende der 1960er-Jahre bei einem Freund ein ziemlich großes Fischbecken sah, war er sofort wieder Feuer

 

 

              Aber wo? Giselas Wohnzimmer bot keinen geeigneten Stellplatz, vor allem die große Schrankwand war im Weg. Günter und Andreas überlegten – und fanden eine Lösung: Die Bücher mussten umziehen, und mittels geeignetem Werkzeug, vor allem einer Säge, bauten die beiden besagte Schrankwand so um, dass das Aquarium genau hineinpasste. Dort steht es noch heute. Na ja, nicht ganz. Der Standort unseres Blickfangs ist zwar immer noch derselbe, doch mittlerweile ruht er auf einem eigens dafür angefertigten Unterschrank. Auch das Aquarium selbst ist ein etwas neueres Modell, wenn auch mit denselben Maßen wie sein Vorgänger, der nach zehn

 

 und Flamme. Nur wenig später stellte er in seinem Zimmer in der elterlichen Wohnung ein 120-Zentimeter-JuwelAquarium auf, direkt neben dem  lebensgroßen Stones-Plakat. Fortan schwammen neben Mick Jagger und seinen Mannen Guppys, Mollys und Schwertträger.

 

Günter war von Anfang an ein ausgesprochen wissbegieriger Aquarianer und schmökerte bei jeder Gelegenheit in Klassikern wie „Das Aquarium von A bis Z“ von Hans Frey, „Handbuch der Aquarienfischzucht“ von Helmut Pinter oder „Züchterkniffe I bis IV“ von Julius Nachstedt, Hans Tusche und Otto Gremblewski.

Anfang der 1970er-Jahre entdeckte Günter Lindenberg seine Liebe zu den

Buntbarschen, pflegte seinen ersten Altum-Skalar und Zwergcichliden, in erster Linie südamerikanische, dann aber auch westafrikanische Arten. An die Jahre, als er Wolf-Rüdiger Metje kennenlernte und dem Traditions-Verein „Biologische Gesellschaft Linné

Betriebsjahren undicht wurde. Bevor ich es genauer schildere, stelle ich aber erst einmal diesen Günter Lindenberg ein bisschen ausführlicher vor.

 

Der rüstige Rentner verbrachte sein Berufsleben in der Kraftfahrzeug-Branche, lernte ursprünglich Kfz-Mechaniker und arbeitete später als Lagerleiter bei einem großen schwedischen Fahrzeugbauer.

  Sein Aquarianer Leben begann Günter als Acht- oder Neunjähriger, das war 1954 oder 1955. Seine Kindheit verbrachte der gebürtige Hannoveraner dort, wo er heute wieder lebt: im schönen Stadtteil Limmer.

 

 

e. V. Hannover“ beitrat, das war 1976, denkt Günter besonders gern zurück, genossen er und rund ein Dutzend Gleichgesinnter, darunter Eberhard Hüser und Eckhard Gauglitz, damals doch eine höchst intensive und abwechslungsreiche Zeit mit immer wieder neuen Wildfang-Importen und Nachzucht-Erfolgen; Erlebnisse, Entdeckungen und Erfahrungen, die sich so niemals wiederholen werden …

 

Lindenbergs aquaristische Laufbahn erfuhr zwar bis heute keine weitere Unterbrechung, aber seine Aquarien mussten mehrmals umziehen. Von 1977 bis 1986 wohnte Günter in Sehnde-Wirringen, wo er seinen ersten Fischkeller mit immerhin acht Aquarien betrieb; außerdem stand ein schönes Schaubecken in der Wohnung, besetzt mit Salmlern, Welsen, Lebendgebärenden Zahnkarpfen und Zwergbuntbarschen.

 


Hauptakteure in dem 360-Liter-Blickfang sind die Segelflosser

Ab 1986 lebte Günter 15 Jahre lang in Sehnde, wo ihm ebenfalls ein größerer Raum für sein Hobby zur Verfügung stand. Musste er früher, etwa in Limmer, das H2O für seine Weichwasserfische in Kanistern aus einer Bergquelle in dem Erholungsort Grünenplan-Alfeld holen, floss es ihm nun in perfekter Beschaffenheit aus der Leitung. Das war vor allem für den Segelflosser-Fan Lindenberg ideal.

Imponierende Männchen des Weißsaum-Schmucksalmlers (Hyphessobrycon bentosi)

 

Wie erwähnt, begann Günters Interesse an der Gattung Pterophyllum schon um 1970. Seitdem hielt er mehrere Zucht- und Wildformen, die er auch nachzog. „Aber nur einmal“, verrät er mir, „habe ich mit Skalaren ein bisschen Geld verdient.

 

1973 erwarb ich aus den USA eingeführte Goldskalare für 20 D-Mark das Stück und konnte rund 100 Nachzuchttiere zu  einem Stückpreis von fünf Mark verkaufen.“ Weitere Farbformen, die Günter pflegte und vermehrte, waren Marmor-, Schwarze und schließlich Gold-Schwarz-Hybrid-Skalare.

 

 

Auffallend kräftig gefärbtes Exemplar des Buntbarsches Krobia xinguensis

Seit den 1990er-Jahren schwimmen „Peru-Altum“ in Günters Anlage, die er gelegentlich nachzieht, und seit 2017 Segelflosser aus dem Essequibo (Guyana). Diese Tiere erhielt er von  einem Berliner Züchter, als er zusammen mit seinem Freund, Nachbarn und Gleichgesinnten Klaus Baumgart die von Horst Linke in Schwarzenbach (Oberfranken) organisiert „Erste Internationale Pterophyllum-Konferenz“ besuchte, wo er auch den Pterophyllum.-altum Züchter Simon Forkel aus Ebersdorf bei Coburg kennenlernte (siehe DATZ 7/2011).

 

Günters Augen leuchten, während er mir von dieser Veranstaltung erzählt. Selbstverständlich gehören die Essequibo-Segelflosser zu den Bewohnern unseres Blickfangs.

Dieses Aquarium ist technisch eher einfach ausgestattet. Ein Eheim Außenfilter (Modell 2317, mit Heizung und Thermostat) sorgt für sauberes Wasser und eine leichte 

Balzende Rote Phantomsalmler (Hyphessobrycon sweglesi)

Oberflächen-Bewegung. Es steht verborgen im Unterschrank, einer Maßanfertigung von Andreas.                                                                                                                                    DATZ 9/2018

 

Erhellt wurde das Becken anfangs noch mit T8-, später mit T5-Neonröhren, die Günter 2016 jedoch durch eine computergesteuerte LED-Beleuchtung ersetzte. Programmiert sind der tägliche Sonnenaufgang, der von acht bis neun Uhr dauert, und der Sonnenuntergang, der um 18 Uhr beginnt und mit der Abenddämmerung von 21.30 bis 22.30 Uhr endet; außerdem lässt sich das Licht nach Wunsch und Bedarf jederzeit dimmen. Drei Reihen Tageslicht-weißer und eine Reihe blauer LED (insgesamt 54 Watt) sind in einer Leiste verbaut.

 

Als Bodengrund dient eine rund sieben Zentimeter hohe Schicht aus Naturkies (Körnung zwei bis vier Millimeter). Die Dekoration des Beckens besteht aus zwei Moorkienwurzeln und mehreren Tonröhren-Höhlen, die in einem durch Schieferplatten begrenzten Abschnitt liegen.

 

Die Bepflanzung besteht aus verschiedenen Wasserkelchen (Crydtocoryne wendtii, C.undulata, C. nevillii,

 und C. moehlmannii), Blüten- stiello-sem Sumpffreund(Limnophila

 

sessiliflora),Riesen-Vallisnerie (Vallisneria australis),Javafarn (Microsorum pteropus),Schwertpflanzen (Echinodorus `Ozelot grün`) sowie Kriechender Lugwigie (Ludwigia repens) 

 

In dem Becken schwimmen sechs Weißsaum-Schmucksalmler (Hyphessobrycon bentosi), zehn Rote Phantomsalmler (H. sweglesi), acht Rotkopfsalmler (Hemigrammus bleheri), ein Paar Streifenhechtlinge (Aplocheilus lineatus), acht Kupferfleck-Panzerwelse (Corydoras duplicareus), L-Welse (fünf L 270, ein L 66) sowie Buntbarsche: vier Essequibo- und zwei „PeruAltum“-Skalare (Pterophyllum scalare) neben fünf Nachzuchttieren von Krobia xinguensis.

 

Deren Eltern bewundere ich später in Günters Fischkeller, der ein weiteres großes Aquarium und fünf kleinere Zuchtbecken enthält. Sie zeigen eine Farbenpracht, wie ich sie bisher noch

nicht an Tieren dieser Art sah!

Weitere Fische in Günters Kellerbassins und in seinem „Hobbyzimmer“-Aquarium sind Zwergcichliden (Pelvicachromis subocellatus und Apistogramma macmasteri), Harnischwelse (L 28), karminrote Schwertträger (Xiphophorus hellerii) und ein in die Jahre gekommener, stattlicher Liniendornwels (Platydoras costatus) namens „Moby Dick“.

 

Seinem Verein, dem er mittlerweile seit über vier Jahrzehnten angehört, blieb Günter übrigens ebenso treu wie seiner Leidenschaft Aquaristik, mehr noch: Seit 13 Jahren ist er nun schon erster Vorsitzender, doch damit nicht genug: Seine Gisela unterstützt ihn als fleißige Schriftführerin. Dass die Biologische Gesellschaft Linné mit ihrem tatkräftigen Vorstand zu den immer weniger werdenden aktiven Aquarienvereinen

gehört, zeigt ein Blick auf ihr Programm, überzeugen Sie sich selbst: www.biologischegesellschaft-linne-hannover.de.


Im Keller betreibt Günter Lindenberg eine kleine Zuchtanlage

 

DATZ 9/2018